Risiken bei Insolvenz des Kunden/Lieferanten

 

Risiko der Anfechtung erhaltener Zahlungen/Warenlieferungen im Nachhinein durch den Insolvenzverwalter


Gerade in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten ist eine permanente Beobachtung der Bonität der Kunden/Lieferanten unerlässlich. Was viele nicht wissen: im Falle eines Insolvenzantrags sind nicht nur die noch offenen Forderungen in Gefahr. Es besteht immer das Risiko, dass bereits vor dem Insolvenzantrag beglichene Forderungen oder Warenlieferungen vom Insolvenzverwalter angefochten bzw. zurückgefordert werden.

 

Bei einer Insolvenz steht meist der Schuldner im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Über die Gläubiger, die in der Regel einen (Groß-)Teil ihrer Forderungen verlieren, wird weniger gesprochen. Dabei sind die Folgen oft katastrophal, vor allem, wenn es sich bei dem Schuldner um einen Hauptkunden oder -lieferanten handelt.

 

Oft ist nicht bekannt, dass nicht nur offene Forderungen in die Insolvenzmasse fallen können:

Es besteht immer auch das Risiko, dass bereits vor dem Insolvenzantrag beglichene Forderungen oder erhaltene Waren vom Insolvenzverwalter angefochten bzw. zurückgefordert werden.

 

Ist die Abhängigkeit von einem oder wenigen Kunden oder Lieferanten groß, schwingt  immer die Angst mit, den Kunden oder Lieferanten zu verlieren. Je größer die Abhängigkeit ist, desto eher ist man bereit, sich auf mögliche „Bitten“ nach Unterstützung „in schweren Zeiten“ einzulassen.

 

Aber Vorsicht! Hier drohen in einem späteren Insolvenzfall die Anfechtung der erhaltenen Leistungen durch den Insolvenzverwalter und im schlimmsten Fall sogar die Anschuldigung der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung.

 

Grundsatz im Insolvenzrecht ist, dass es zu keiner Benachteiligung der Gesamtheit der Gläubiger zu Gunsten eines Einzelgläubigers kommen darf. Ein einzelner Gläubiger darf sich also nicht zu Lasten der anderen Gläubiger an der Insolvenzmasse bereichern. Diese Bereicherung kann z. B. auch eine zusätzliche Sicherheit sein oder eine besonders günstige Kondition – etwa wenn der Lieferant Ware zu Schleuderpreisen anbietet, um die dringend notwendige Liquidität zu generieren.

 

Tun Sie es dennoch, kann der Insolvenzverwalter das Geschäft anfechten und die Zahlung bzw. die Ware von Ihnen zurückfordern. Sie können Ihre Forderung dann im Insolvenzverfahren anmelden und werden mit der Quote aus der Insolvenzmasse befriedigt.

 

Die Anfechtung (§§ 129 ff. InsO) ist je nach Tatbestand für Geschäfte in einem Zeitrahmen von bis zu drei Monaten und bei vorsätzlicher Benachteiligung der anderen Gläubiger bis zu 10 Jahren (z. B. für Zahlungen für Gesellschafterdarlehen) vor oder nach dem Insolvenzantrag möglich.

 

Weiß der Gläubiger bereits vor dem Insolvenzantrag, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist, und unterstützt ihn weiterhin bewusst, damit das Unternehmen noch eine begrenzte Zeit weiter existieren kann, und er dadurch andere Gläubiger benachteiligt, dann kann sich der nicht insolvente Gläubiger sogar im schlimmsten Fall einer Insolvenzverschleppung schuldig machen, die auch strafrechtliche Folgen hat.

 

 

Was also tun?

 

Sie sehen sich immer dem Risiko einer Anfechtung ausgesetzt für Geschäfte ab dem Zeitpunkt, wo Sie Kenntnis haben (müssten), dass Ihr Kunde/Lieferant zahlungsunfähig ist oder die Zahlungsunfähigkeit droht. Indizien, die auf eine Zahlungsunfähigkeit hinweisen und die sie daher warnen sollten, können sein (BGH 18.07.2013, IX ZR 143/12):

  • dauerhaft schleppende Zahlungsweise
  • Druckzahlungen
  • Formulierungen in Stundungsvereinbarungen (eine Raten- oder Stundungsvereinbarung mit dem Kunden ist allerdings per se noch kein Hinweis auf eine Zahlungsunfähigkeit, solange nicht ausdrücklich die Zahlungsunfähigkeit erwähnt wird)
  • Nichtzahlen von Stromrechnungen
  • Nichtzahlen von Löhnen und Gehältern
  • Nichtzahlen von Sozialabgaben
  • Pfändungen oder Vollstreckungen
  • nicht eingehaltene Ratenzahlungen
  • zurückgegebene Lastschriften

 

Ausnahme Bargeschäfte

 

Nicht anfechtbar sind sogenannte Bargeschäfte (§ 142 InsO). Auch Unternehmen in der Krise können weiter Geschäfte tätigen. Damit die Vertragspartner keine Insolvenzanfechtung zu befürchten haben, müssen einige Punkte erfüllt sein:

 

Leistung und Gegenleistung müssen

  • wertmäßig angemessen sein,
  • in engem zeitlichem Zusammenhang stehen (zwischen Leistung und Zahlung dürfen nicht mehr als maximal 30 Tage liegen, oder Vorkasse) und
  • dürfen andere Gläubiger nicht benachteiligen.

 

 

 

FAZIT:

  • Achten Sie also bei Ihren Kunden/Lieferanten darauf, dass Sie von deren Zahlungsschwierigkeiten nicht angesteckt werden, noch bevor die Krankheit – der Insolvenzantrag – ausgebrochen ist.
  • Behalten Sie das Zahlungsverhalten Ihrer Kunden/Lieferanten im Auge, holen Sie sich regelmäßig Auskünfte ein und stellen Sie rechtzeitig auf Vorkasse oder ein kurzes Zahlungsziel um.
  • Sollte ein Insolvenzverwalter eine Ihrer Forderungen anfechten, so zahlen Sie nicht sofort. Holen Sie sich anwaltlichen Rat und/oder versuchen Sie zunächst, sich mit dem Insolvenzverwalter zu vergleichen.

 

 

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